Braucht das Kind einen Namen?

Was antwortet Ihr, wenn Ihr gefragt werdet, was Ihr fotografiert? Nicht in diesem einen speziellen Moment, sondern was Ihr ganz allgemein  fotografiert. Ich finde die Antwort echt schwer. Ich weiß, was ich nicht fotografiere, aber eine zufriedenstellende Antwort, was ich denn nun fotografiere, kann ich dem Fragenden nicht bieten. Braucht das Kind einen Namen? Brauche ich eine Schublade für meine Fotografie? Ich persönlich nicht unbedingt, aber ich verstehe, dass es andere für – zumindest eine grobe – Einordnung hilfreich finden. So sind wir Menschen einfach. Wir lieben Schubladen, Label, Kategorien, etc.. Erst wenn wir etwas klassifizieren können, fühlen wir uns wohl. Es hilft halt beim Einordnen der Dinge – im wahrsten Sinne des Wortes.

Mich bringt diese Frage nach dem „Was“ auch regelmässig ins Grübeln, wie ich mich bzw. meine Fotos denn am sinnvollsten klassifizieren könnte. Es geht nicht nur um die Eindordnung, sondern auch darum das ureigene Bedürfnis nach Zugehörigkeit zu befriedigen. Dem Grunde nach sind Label und Klassifizierung natürlich nicht notwendig. Denn egal wie ich meine Fotografie bezeichne, die Fotos ändern sich dadurch nicht. Aber vielleicht ändert sich die Art und Weise wie sie betrachtet werden? Es macht einen Unterschied, ob ich sage, ich fotografiere abstrakt und das ist so gewollt oder ob ich im Gegensatz dazu einfach nur die Technik nicht beherrsche und mir ungewollt die Fotos mißlingen. Vielleicht ist es für mich auch so schwierig auf die Frage zu antworten, weil ich keine klare Linie habe? Anderseits, warum soll ich etwas, nämlich die Kategorie, bestimmen? Kann nicht jeder seine eigene Meinung haben? Es gibt immer mehr als eine passende Schublade für eine Sache.

Und daher habe ich bisher auch dem Fragenden die Beantwortung seiner Frage überlassen, indem ich einfach auf meine Fotos verweise. Jeder kann sie dann in die für sich passende Schublade einordnen. Aber manchmal hätte ich schon gern auch eine Schublade, in die ich meine Fotografie selbst einordnen kann …

Heute mache ich mal die Schublade mit dem Bahnhofsbildern auf. Endlich war ich mal wieder da. Seit ich Anfang des Jahres den Job gewechselt habe und ich nicht mehr mit den „Öffis“ fahre, habe ich gar nicht mehr am Bahnhof fotografiert. Sehr schade, denn die Bahnhofs-Schublade mag ich echt gern.

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Annett

29 Kommentare zu „Braucht das Kind einen Namen?

  1. Also ich habe für meine Fotografie keinen Namen ! Ich ordne meine Fotos nach den Motiven ( Überbegriffe ) ! Muss ganz ehrlich sagen,dass ich mir da auch noch nie große Gedanken gemacht habe .
    ps: Das Foto mit der Rolltreppe find ich super !!!! Manni

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    1. Danke, Manni. Namen sind ja tatsächlich nicht sooo wichtig, aber halt manchmal hilfreich.
      Das Rolltreppenfoto ist das einzige gelungene aus einer ganzen Reihe. Ich muss das noch mal wiederholen, denn da sehe ich noch mehr Potential 😎

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      1. Ich denke oft manchmal dass das fotografieren von Menschen zu Probleme führen kann ! Darf man das rechtlich ? Ich bearbeite dann immer die Gesichter dass sie nicht erkennbar sind. Was machst du wenn sich einer im Internet wiederfindet und dies aber nicht möchte. Machst du Bilder auf einem Bahnhof ect. kannst du ja nicht jeden einzelnen um Erlaubnis fragen !° Sind einfach Gedanken die mir bei diesem Thema schon öfters durch den Kopf gegangen sind ! Hast du hier eine Antwort oder wie denkst du darüber ?

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        1. Du sprichst das Persönlichkeitsrecht des Einzelnen und das Recht am eigenen Bild an. Soweit ich die Rechtssprechung dazu im Blick habe, ist das Fotografieren an öffentlichen Plätzen und das Abbilden in Gruppen (eigentlich) unproblematisch. Ab wann eine Menschenmenge eine Gruppe ist, definiert der BGH (ab 12?). Entscheidend ist natürlich auch der Fotoaufbau und hier steht die Gesamtkombination im Vordergrund und der einzelne Mensch komplementiert sie. Ich hebe niemanden besonders hervor. Nun, das ist meine Meinung, aber sollte es jemand darauf anlegen, wird jedes Gericht, jeder Richter seine eigene Meinung haben 😉. Vielleicht befasse ich mich noch mal genauer damit und mache einen Blogpost (immerhin arbeite ich hauptberuflich im juristischen Bereich, wenn auch im gewerblichen Rechtsschutz).
          Ganz selten wurde ich beim Fotografieren angesprochen. Mehr aus Neugierde und die Resonanz war positiv.

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          1. Wobei der Bahnhof KEIN öffentlicher Platz ist! 😉 DB-Gelände … – so ein Post zu dem Thema würde ich auch sehr interessant finden! Um bei dem Thema niemandem auf die Füße zu treten ist echt schwer … zumal man oft denkt öffentlich und es ist gar nicht öffentlich …

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          2. Ja ein evtl. schwieriges Thema ! Wie schon gesagt ist mir halt mal so durch den Kopf gegangen. Das mit dem Blogpost finde ich gut und vielleicht hat ja mal jemand demenstprechende Erfahrungen gemacht ! Mich würde es interessieren !!! Manni

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  2. mein kind hat auch keinen namen und das finde ich durchaus angenehm, da man durch schubladisierung maximal gefahr läuft, sich einzuschränken. passt das jetzt zu mir und zu meinem stil? ich antworte meist „alles, außer menschen“. das stimmt natürlich so nur bedingt, aber es gibt denen, die fragen einen gewissen eindruck.

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    1. Oh Paleica, die Antwort gefällt mir und ich werde sie das nächste Mal übernehmen, wenn ich gefragt werde. Sie ist weit genug für alle möglichen Spielarten und bietet doch eine gewisse Orientierung. ☺

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  3. Interessante Gedanken.
    Ja, der Mensch neigt dazu, es sich ‚einfacher‘ zu machen, indem er Dinge einordnet, kategorisiert etc. Ich meine es ganz unbewertet, es scheint ein Fakt zu sein.
    Wenn du nun aber merkst, DU kannst dich selbst in keine Kategorie einordnen, trifft das Bedürfnis (des anderen) auf Nichterfüllung (deinerseits) 🙂 Es entsteht eine Art ‚Loch‘. Eigentlich toll, weil man daraus etwas ziehen kann/könnte (über den anderen/über sich selbst). Jeder für sich. Solche ‚Löcher‘ sind toll, in sie passt nämlich vieles rein, vor allem, wenn man sich auf machen kann dafür.
    Und wenn die gewünschte Kategorisierung des anderen ein Versuch ist, einen selbst und das eigene Fotografieren besser zu verstehen, sogar die Chance auf ein beginnendes Gespräch und Austausch. Klappt aber nicht immer, ich weiß 😉
    Ich persönlich finde Paleicas Antwort super: wenn man sich nicht auf eine spezielle Fotografie spezialisiert hat, dann ist es vielleicht genau das: alles, was mir vor die Linse kommt und in mir Interesse weckt, mich inspiriert, bewegt, was auch immer. Und deine Reaktion, auf deine Fotos zu verweisen, gefällt mir!
    Letztendlich denke ich, ES braucht keinen Stil, keine Schublade oder Kategorie: ES kann sich ohnehin alles dauernd und immer wieder verändern. Das Gegenüber braucht sie, wenn es fragt. Vielleicht, um zu verstehen, am besten ist da aber tatsächlich immer noch: Anschauen 😉
    Schöne Bilder übrigens, ich mag diese verwischten, bewegten und gespiegelten Momentaufnahmen sehr.

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    1. Du führst das schön aus und komplettierst meinen Beitrag. Danke dafür.

      Den Gedanken mit der Lücke/Loch finde ich interessant. Den muss ich mal in Ruhe zu Ende denken. Leider habe ich aber auch die Erfahrung gemacht, dass sich selten bisher ein tiefer gehendes Gespräch daraus ergeben hat (schreibst Du ja auch). Aber ich sollte auch nicht erwarten, dass jeder meiner Fotografie so viel Interesse entgegen bringt wie ich selbst. 😉

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      1. Nein, erwarten braucht man das vmtl. nicht, das führt nur zu Enttäuschung, aber man kann es ja hoffen 😉 Meine Erfahrung ist auch, dass selten genauer nachgefragt wird. Schade eigentlich, man selbst (also ich) hätte doch soviel Lust, darüber zu erzählen…
        Das ‚Loch‘ ist ein eher ungenauer Begriff, sorry, so auf die Schnelle fiel mir kein besserer ein. 🙂

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        1. Stimmt, es wird selten genauer nachgefragt. Das finde ich auch sehr schade, aber es hat halt nicht jeder so ein großes Interesse an der Fotografie. Das halte ich mir immer vor Augen. Anders geht es ja auch nicht.

          Loch/Lücke paßt schon. Zumindest kann ich nachvollziehen, was Du meinst. 😀

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  4. Dass du deine Bahnhofs-Schublade mal wieder auf gemacht hast, finde ich gut! Ich mag deine Bahnhofs-Bilder… letztens war ich auch länger mit dem Zug unterwegs und habe an Bahnhöfen fotografiert – und an dich gedacht:-)… Ich weiß zwar, was du da technisch machst, aber deine Umsetzung ist einzigartig… zumindest sah es bei mir ganz anders aus, wenn ich das so ausprobiert habe;-)… …
    Interessant, dass du was zu Schubladen schreibst… gestern habe ich bei Robert Mertens nach einer neuen Aufgabe für mich geblättert (neben den Aufgaben, die ich auf meinem Blog veröffentliche…) und habe dabei den „Roten Faden“ gewählt… in dem Kontext habe ich mir auch Gedanken gemacht, was ich überhaupt fotografiere und wie ich es nennen könnte, was mein roter Faden ist… …
    Dein „roter Faden“ ist, finde ich, sehr gut sichtbar in all deinen Fotos… dennoch könnte ich auch nicht benennen, was genau du fotografierst… … vielleicht ist das auch egal, welchen Namen das Kind hat… deine Handschrift ist ja deutlich sichtbar und das zählt doch schon sehr viel! Ich lerne gerade, dass das einfach auch ein Weg ist, die zu finden bzw freizulegen… … Wenn man weiß, was die eigene Handschrift ist, kann man sich so manches Foto vielleicht auch sparen, was auch nicht immer schlecht ist;-)… … Aber bis dahin: experimentieren, experimentieren… … … und macht ja auch Spaß;-)
    Mach keine Schubladen auf, mach einfach weiter so mit deiner Fotografie;-)!

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    1. Vielen Dank für Deinen tollen Kommentar und die Ausführungen. Da möchte ich gar nichts hinzufügen, weil ich mich darin absolut wiederfinde und Dir komplett zustimmen mag. Und ich freue mich, dass ich Dich inspirieren konnte – das ist ein schönes Ziel für mich.

      Die Sache mit der eigenen Handschrift – so man das denn bei mir schon so nenne kann – hat lang gedauert und kristallisiert sich jetzt erst so nach und nach heraus. Erst jetzt fange ich an zu verstehen, was und wie ich fotografieren mag. Es ist also genauso wie Du schreibst: ein Weg. Und manchmal ist der kürzer und manchmal länger. Ich hoffe einfach, uns bleibt die Freude am Fotografieren ewig erhalten. 😉

      Gruß, Annett

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  5. Ich kann mich noch gut an nen anderen Bahnhofs-Post erinnern. Ich mag das total. Diese Bewegung in den Bildern… Hat mich irgendwie an die Straßen von New York erinnert. Ich hab das ja auch versucht zum Thema Bewegung. Bin aber wohl an unserem Landleben hier gescheitert. HIer musst Du froh sein wenn mal jemand an ner Bushaltestelle sitzt ;-))

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  6. Ich finde, keine Künstlerin und kein Künstler muss unbedingt in Schubladen gesteckt werden, natürlich hilft es den Betrachtern oft, wenn man sagt, man spezialisiert sich auf Portrait, Architektur, Natur oder so. Ich zum Beispiel fotografiere gerne das, was ich in dem jeweiligen Augenblick toll finde. Deine Fotografietechnik finde ich sehr gut. Also lass dich im kreativen Prozess nicht beirren. 🙂

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