look down 2 … and inside

Nun ist der November also tatsächlich angekommen. Es ist grau und regnet fast ohne Pause. Bedrückend und gemütlich zugleich. Gemütlich allerdings nur, wenn man – so wie ich gerade – mit einer Tasse Tee auf dem Sofa sitzend den Regen von drinne betrachten kann. Ich bin nicht wirklich bereit für den Winter. Ich bin nicht bereit für die Zeit der inneren Einkehr. Ich verspüre ein großes Verlangen nach Sommerwärme und Sonnenlicht. Nach Abstand. Nach Abstand zu meinem Heimatland. Wieder einmal wird mir bewußt, dass ungern ich hier bin und das ich gern woanders leben möchte. Ich bin nicht unglücklich in Deutschland, aber da ist diese ganz tiefe und unerschütterliche Gewißheit in mir, dass ich nicht hierher gehöre. Es gibt Tage, da empfinde ich diese Gewißheit als befreiend und wegweisend. Zielführend. Kreativität fördernd.

Aber es gibt eben auch Tage, da empfinde ich diese Gewißheit als störend. Denn sie stört meinen Seelenfrieden. Dann fühlt sich diese Gewißheit eher so an, als ob sie mir mein Abwarten und Zögern vorhalte. Diese Tage sind selten, aber es gibt sie. Dennoch versuche ich besonders an diesen Tage meine innere Gewißheit und Unzufriedenheit als Antrieb zur Veränderung zu sehen, dann ist das etwas positives bzw. dann kann aus meiner Unzufriedenheit etwas posivites, kreatives Neues entstehen. Der Wunsch nach Veränderung lässt mich aktiv nach Alternativen suchen und mitunter erscheinen Lösungsmöglichkeiten, die ich nicht gleich auf dem sprichwörtlichen Schirm hatte. Für mein derzeit akutes „Falsches-Land-Problem“ habe ich noch keine akzeptable Lösung gefunden. Aber wenigstens wollte ich mal drüber schreiben …

„Heimat kann man nicht vererben. Sie ist in meinem Kopf. Und sie ist in meiner Seele.“

(Horst Bienek)

Das Thema meiner heutigen Look-Down-Collage sind unbefestige Untergründe – offroad sozusagen. Da gibt es so wunderbare Muster und Strukturen – man muss nur genau hinschauen. Ich finde in monochrom wird das nochmal deutlicher. Keine Farbe, die von den Wiederholungen ablenkt oder die Muster durcheinander bringt. Wenn ich die Collage anschaue, kann ich die verschiedenen Strukturen unter meinen Füßen fühlen. Den Boden mit und unter den Füßen fühlen ist etwas, was in meinem Alltag oft zu kurz kommt.

offroad

Annett

11 Kommentare zu „look down 2 … and inside

  1. die collage ist absolut genial. ich liebe solche motive und schau sie immer wieder gern an. was du schreibst, das verstehe ich irgendwie. bei mir ist es nicht so eine gewissheit wie bei dir, aber dennoch ein gefühl, das in den letzten jahren immer wieder kommt.

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  2. „Heimat kann man nicht vererben. Sie ist in meinem Kopf. Und sie ist in meiner Seele“… Was ein tolles Zitat!! Da steckt ne ganze Menge drin und man kann ewig drüber nachdenken und sich reinfühlen. Toll! Und die Bilder dazu passen auch wirklich ganz perfekt! Dieses minimalistische und unaufdringliche… Und dann als Collage! Ein schöner Text und tolle Bilder, passt!!

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    1. Danke für Deinen netten Kommentar, Markus. Ich hatte ein passendes Zitat gesucht und das ausgewählte hat mich sofort angesprochen. Mir ist tatsächlich dann erst richtig bewußt geworden, wie wahr das für mich ist. Ich weiß, wo ich herkomme, aber da möchte ich nicht mehr leben – weil mein Herz und meine Seele dort nicht mehr sind …

      Gruß, Annett

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  3. Hallo Annett, hattest du das Gefühl, nicht hier her zu gehören, schon bevor du im Ausland gelebt hast? Ich frage, weil ich auch eine Zeit im Ausland gelebt habe und danach das Gefühl hatte, irgendwie entwurzelt zu sein und jederzeit wieder hätte weggehen können. Unsere Fotografie-Anfänge ähneln sich, wir haben aus dergleichen Motivation heraus, damit begonnen :-).
    Deine unbefestigten Untergründe sind ein gutes Bild dafür und das Zitat passt auch sehr gut.

    LG, Conny

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    1. Hey Conny, hat sich Dein Gefühl der Entwurzelung wieder gegeben? Ich wollte schon immer weg – seit ich 15 bin, habe ich davon geträumt. Aber es war alles ziemlich unspezifisch und nicht greifbar. Da dachte ich eher, es wären Teenager-Sehnsüchte o.ä. Aber dann ist es im Laufe der Jahre zur Gewissheit geworden. 😉

      Gruß, Annett

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